Taktlos: 420.000 Euro für Dirigenten eines Zwangsgebühren-Orchesters

Die Diskussion um Luxusgehälter im öffentlich-rechtlichen Rundfunk erhält neuen Zündstoff. Dennis Russell Davies, heute Chefdirigent des MDR-Sinfonieorchesters, hat im Vorjahr rund 420.000 Euro kassiert – finanziert aus den Zwangsgebühren der Beitragszahler. Damit verdiente er mehr als sein eigener Intendant, der im Jahr 413.000 überwiesen bekommt.

Österreich-Bezug hat der Fall ebenfalls: Davies leitete von 2002 bis 2017 das Bruckner Orchester Linz und prägte über viele Jahre hinweg die Konzertreihe im Linzer Brucknerhaus. Nun sorgt er eben in Deutschland für Schlagzeilen – nicht wegen musikalischer Leistungen, sondern wegen seines Einkommens.

Die Dimension des Problems ist erheblich. Nach Angaben der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) verschlang der Unterhalt von zehn Orchestern, fünf Chören und vier Big Bands der ARD im Vorjahr 203 Millionen Euro. Mehr als 2000 Musiker und Mitarbeiter stehen auf der Gehaltsliste der Sender.

Sparzwang wie beim ORF

Politischer Druck kommt aus Bayern. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte bereits im Frühjahr, die Zahl der Klangkörper könne ohne weiteres halbiert werden. Auch frühere ARD-Verantwortliche wie Ex-WDR-Intendant Tom Buhrow stellten offen die Frage, ob die Zwangsgebührenzahler tatsächlich fast zwei Dutzend Orchester finanzieren wollen.

Befürworter verweisen dagegen auf die Bedeutung für Kultur und Bildung. Seit 2014 gehören die deutschen Rundfunkorchester und -chöre zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Stardirigent Sir Simon Rattle nannte Kürzungspläne eine „unglaubliche, schändliche Torheit“. Dennoch muß die ARD bis 2028 rund 950 Millionen Euro einsparen – und die Klangkörper geraten dabei zunehmend ins Visier.

Auch in Österreich stand das ORF Radio-Symphonieorchester Wien (RSO) ebenfalls im Zentrum einer öffentlichen Debatte über den Sparzwang im Rundfunk. Anfang 2023 sorgten Pläne, die das Aus des Orchesters bedeutet hätten, für breite Kritik aus Kultur, Politik und Universitäten. Zahlreiche Stimmen warnten vor einem schweren Verlust für das Musikland Österreich und vor einem verheerenden Signal für die internationale Kulturszene.