Ukrainer in Haft: Angeblicher Nord-Stream-Terrorist in Italien geschnappt
Die italienische Polizei hat einen Tatverdächtigen im Zusammenhang mit den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines festgenommen. Der 39-jährige Ukrainer Serhij K. wurde in der Nacht auf Donnerstag in der Nähe von Rimini aufgegriffen. Grundlage war ein europäischer Haftbefehl, den der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs erst am Montag ausgestellt hatte.
Nach Angaben des Generalbundesanwalts soll K. an Bord der Segeljacht „Andromeda“ gewesen sein, von der aus die Operation vorbereitet wurde. Die Jacht war im September 2022 von Rostock aus gestartet und zuvor mithilfe gefälschter Dokumente angemietet worden. Während K. selbst wohl nicht zu den Tauchern gehörte, die die Sprengsätze an den Pipelines in der Ostsee befestigten, habe er nach Erkenntnissen der Ermittler eine zentrale Rolle bei der Koordination übernommen. Ihm wird gemeinschaftliches Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, verfassungsfeindliche Sabotage und Zerstörung von Bauwerken vorgeworfen.
Bereits 2024 hatte es in Polen den Versuch einer Festnahme gegeben. Nach Medienberichten scheiterte dieser, weil die ukrainischen Behörden vorab gewarnt wurden. Zudem soll es Hinweise geben, dass Teile des polnischen Staatsapparats die Täter gedeckt haben könnten.
Russische Täterschaft ausgeschlossen
Die Regierung in Kiew hat Vorwürfe stets zurückgewiesen und die Verantwortung Moskau zugeschoben. Präsidentenberater Mychajlo Podoljak sagte im August 2024 gegenüber Reuters, ein solcher Anschlag könne nur mit „großen technischen und finanziellen Ressourcen“ durchgeführt werden. „Und wer hatte all das zu diesem Zeitpunkt? Nur Russland.“ Mittlerweile gilt jedoch eine russische Täterschaft als ausgeschlossen. Nach Recherchen des Spiegel gibt es stattdessen Indizien dafür, dass die Aktion durch das ukrainische Militär gebilligt worden war.
Am 26. September 2022 waren nahe der dänischen Insel Bornholm mehrere Explosionen registriert worden. Sie beschädigten sowohl Nord Stream 1 als auch Nord Stream 2 schwer. Insgesamt wurden vier Lecks an drei der vier Röhren festgestellt. Nord Stream 1 hatte bis dahin Gas aus Russland nach Deutschland geliefert. Nord Stream 2 war nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nicht in Betrieb gegangen, stand aber im Zentrum internationaler Spannungen.
Ukrainer soll nach Deutschland überstellt werden
Die Ermittlungen in mehreren europäischen Staaten dauern an, während Dänemark und Schweden ihre Untersuchungen inzwischen eingestellt haben. Deutschland hingegen führt die Ermittlungen fort und hatte zuletzt den europäischen Haftbefehl gegen K. beantragt. Der Festgenommene soll nach seiner Überstellung aus Italien in Karlsruhe dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden.
Politisch sorgt der Anschlag bis heute für Diskussionen. Besonders für Aufmerksamkeit hatte gesorgt, dass der CDU-Europaparlamentarier Michael Gahler den Angriff im Jahr 2024 öffentlich verteidigte. Er erklärte in einer Plenardebatte in Straßburg: „Ich weiß nicht, ob es die Ukrainer waren. Aber selbst, wenn sie es waren, ist es aus meiner Sicht ein legitimes Ziel gewesen, um Russland die Fähigkeit, Einnahmen daraus zu kreieren, zu nehmen.“